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Krankenhausführung 2025: Was sich ändern muss – und warum Haltung wichtiger ist als Strategie

Mein LinkedIn-Post Warum ist es so verdammt schwer, ein Krankenhaus zu führen? hat eine intensive Diskussion ausgelöst – viel mehr, als ich erwartet hatte.

Nicht die Likes haben mich beeindruckt, sondern die Kommentare. Die vielen Stimmen aus dem Gesundheitswesen, von Menschen mit echter Praxiserfahrung, haben mir gezeigt: Wir müssen weiterreden.

Deshalb fasse ich hier die zentralen Impulse der Diskussion zusammen. Herzlichen Dank an Alle für die wertvollen Kommentare.


1. „Das haben wir schon immer so gemacht.“ – Der Lieblingssatz der Beharrung

Ein Klassiker. Und für viele ein Trigger. In einem Kommentar hieß es sinngemäß:

„Wenn ich diesen Satz höre, geht mein Puls hoch. Er steht für Angst vor Entwicklung.“

Solche Sätze sind selten echte Argumente – sie sind Selbstschutz vor Unsicherheit. Und das ist verständlich: Veränderung bedeutet immer, Bestehendes zu hinterfragen. In einer Branche, in der Sicherheit lebenswichtig ist, wird jede Neuerung doppelt kritisch gesehen.

Aber: Wer zukunftsfähig bleiben will, muss den Dialog suchen – und sich trauen, gemeinsam weiterzudenken. Auch wenn’s unbequem wird.


2. Führung braucht Nähe – nicht nur Titel

Ein besonders klarer Punkt aus den Kommentaren:

„Wer Krankenhausmanagement macht, muss Medizin verstehen – und das geht nur durch Nähe zu Ärzt:innen und Pflege.“

Ich stimme zu. Ich habe viele Stunden auf Stationen und im OP verbracht – nicht, um dabei zu sein, sondern um wirklich zu verstehen.

Führung auf Distanz funktioniert nicht. Sie braucht Mitgehen, Zuhören und Einblick.

Oder, wie mein Doktorvater Prof. von Eiff sagte:

„Wer kein Blut sehen kann, sollte kein Krankenhaus führen.“


3. Psychologische Sicherheit ist kein Soft Skill – sie ist Führungsaufgabe

Im Gespräch mit Prof. Dr. Joachim Lahmann in unserem Podcast wurde ein Punkt besonders deutlich: Veränderung gelingt nur, wenn sich Menschen sicher fühlen, sich einzubringen.

Psychologische Sicherheit bedeutet:

  • Ich kann Fragen stellen, ohne Angst vor Abwertung.
  • Ich darf Fehler zeigen, ohne bestraft zu werden.
  • Ich kann Ideen äußern, auch wenn sie unbequem sind.

Das ist keine Kuschelecke – es ist die Voraussetzung für Lernprozesse, Innovation und echte Teamarbeit. Und es ist Führungsaufgabe, diese Sicherheit aktiv zu schaffen.


4. Patient:in oder Kund:in? – Es geht nicht um Begriffe, sondern um Haltung

Eine besonders spannende Diskussion drehte sich um die Frage: Sollte man Patient:innen als Kund:innen verstehen?

Die Antwort: Es kommt auf den Blickwinkel an.

  • „Patient“ kommt von patior – leiden.
  • „Kunde“ von kundig – informiert, selbstbestimmt.

Es geht nicht um Marketingfloskeln, sondern darum, Versorgung vom Menschen aus zu denken: verständlich, zugänglich, würdig.

Nicht, weil jede:r Patient:in alles wissen muss. Sondern weil Prozesse empathisch und klar gestaltet sein sollten – auch in Ausnahmesituationen.


5. Silos sind bequem – aber gefährlich

Pflege, Medizin und Verwaltung an einen Tisch zu holen – das klingt logisch. Aber es ist schwer.

Denn solange jede Abteilung ihre eigene „Wagenburg“ verteidigt, bleibt Zusammenarbeit ein Lippenbekenntnis.

Echte Veränderung entsteht nur, wenn wir:

  • prozessorientiert statt positionsgetrieben
  • vernetzt statt hierarchisch denken und handeln.

Das ist unbequem. Aber es ist notwendig.


6. Veränderung ist kein Strandspaziergang

Ein Kommentar brachte es auf den Punkt:

„Change-Prozesse brauchen Fingerspitzengefühl – und die Bereitschaft, Macht zu verschieben.“

Wenn Strukturen sich ändern, entsteht Unsicherheit. Wenn nicht mehr der Titel entscheidet, sondern der Beitrag – wird es ernst.

Genau hier beginnt echte Entwicklung: Wenn wir aufhören, nur zu verwalten – und anfangen, zu gestalten.


7. Entlastung ist kein Luxus – sondern Pflicht

Ein Punkt, der besonders hängen geblieben ist:

„Ärzt:innen verbringen erschreckend viel Zeit mit Organisation – statt mit Patient:innen.“

Und das ist die Realität. Formulare, Rücksprachen, Koordination – all das kostet Kraft.

Wer Fachkräfte halten will, muss sie strukturell entlasten. Nicht mit Worthülsen, sondern mit:

  • Digitalisierung,
  • klaren Prozessen,
  • eindeutigen Zuständigkeiten.

Es gibt so viele gute Lösungen – es ist Zeit, sie endlich einzusetzen.


Fazit: Haltung schlägt Konzept

Krankenhausführung im Jahr 2025 braucht nicht das nächste Strategiepapier – sondern ein echtes Umdenken.

Was zählt:

  • Nähe zur Praxis
  • Vertrauen in Prozesse
  • Offenheit für neue Rollen
  • Geduld mit Kultur
  • Lust auf Perspektivwechsel
  • Psychologische Sicherheit
  • Echte Neugier auf die Realität im Alltag

Vor allem aber: Menschen, die es ernst meinen. Die nicht vom Schreibtisch aus gestalten wollen – sondern mit Herz und Haltung, aus der Praxis für die Praxis.


Herzlichen Dank an alle, die jeden Tag mit Herz und Haltung dafür arbeiten, dass das Gesundheitswesen ein kleines Stück besser wird.

Herzliche Grüße Eure Kerstin


P.S. Warum ich das mache – und wie

Für mich ist Krankenhausmanagement eine der faszinierendsten Aufgaben überhaupt. Weil kein Tag dem anderen gleicht. Weil man täglich neue Perspektiven kennenlernt. Weil es darum geht, echte Versorgung für echte Menschen zu gestalten.

Deshalb arbeite ich mit Shadowing: Ich begleite Ärzt:innen, Pflegekräfte, Verwaltungsmitarbeitende – schaue hin, höre zu, stelle Fragen. Finde die echten Wurzeln der Probleme.

Keine Checkliste. Keine Bewertung. Keine PowerPoint. Sondern echtes Verstehen, ehrlicher Austausch und der Blick für das, was wirklich zählt.

🎧 Neugierig geworden? Die ganze Geschichte erzähle ich in der 50. Podcastfolge – direkt aus dem Alltag. Jetzt reinhören!

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