Schlafender Riese Gesundheit: Wann wird seine Kraft entfesselt?
In der aktuellen Folge des Podcast von HealthCareBrain spreche ich mit Dr. Francesco De Meo – Jurist, Schwabe und ehemaliger CEO von Helios und Vorstand von Fresenius. Er hat – wie er selbst sagt: „Kranke Krankenhäuser wieder gesund gemacht.“
De Meo spricht Klartext und legt den Finger in die Wunde. In seinem Buch „Den schlafenden Riesen wecken“ rechnet er schonungslos mit dem deutschen Gesundheitssystem ab und zeigt wie das Gesundheitswesen in Deutschland sein volles Potential entfalten könnte.
💡 Seine zentrale These: Deutschland hat ein riesiges Gesundheitssystem mit enormem Potenzial – aber es wird katastrophal ineffizient und verschwenderisch geführt.
Deutschland zahlt Rekordsummen – und bekommt wenig zurück
2022 gab Deutschland 12,6 % seines BIP für Gesundheit aus – mehr als jedes andere Land in Europa. Nur die USA liegen noch darüber. Das sind 5.300 Euro pro Kopf, 50 % mehr als im EU-Schnitt.
Und trotzdem: Die Lebenserwartung in Deutschland? 81,2 Jahre. Unter EU-Durchschnitt. Letzter Platz unter den alten EU-Staaten.
Spanier, Italiener oder Schweden leben im Schnitt zwei Jahre länger – bei weniger Ausgaben. Und auch bei vermeidbaren Todesfällen oder dem subjektiven Gesundheitsgefühl landet Deutschland nur im Mittelfeld.
„Wir halten ein krankes System künstlich am Leben“
Im Gespräch mit De Meo wird schnell klar: Das Problem ist nicht der Mangel an Geld – sondern der Mangel an Mut.
Falsche Anreize, veraltete Strukturen, wirkungslose Reformen – das sind keine Betriebsunfälle. Das ist Systemversagen.
Krankenhäuser werden nach Menge statt Qualität bezahlt. Ambulante und stationäre Versorgung arbeiten aneinander vorbei. Ökonomie wird verteufelt, obwohl sie helfen könnte, Ressourcen besser einzusetzen.
Und die sogenannte „Krankenhausreform“? Laut De Meo ist sie eine „Mogelpackung“. Viel Botox, keine Substanz. Sie schafft neue Bürokratie, ohne das System wirklich zu verbessern.
Im Podcast warnt De Meo eindringlich vor dem schlimmsten Szenario: Dass man das System einfach wieder mit Geld zuschüttet – statt echte Reformen anzupacken. Und genau das passiert gerade mit dem geplanten Sondervermögen. Noch mehr Milliarden – aber kein Plan. Das ist keine Lösung, das ist Stillstand in teuer.
Als Schwabe ist ihm ein sparsamer, sinnvoller Umgang mit Ressourcen heilig. Nicht aus Prinzip, sondern aus Verantwortung. Es gehe, so sagt er, um kluge Steuerung – nicht um blinden Aktionismus.
Und dann ist da noch die Krankenhausreform. Das Bundesgesundheitsministerium verkauft sie als „großen Wurf“ – De Meo hält sie für Botox.
Statt sich an echten Versorgungsbedarfen zu orientieren, arbeitet die Reform mit starren Leistungsgruppen und Rechenschieberlogik. Kliniken werden nicht geschlossen, weil sie schlecht sind – sondern weil sie technische Vorgaben nicht erfüllen. Das trifft vor allem ländliche Regionen und gefährdet dort die Versorgung.
Das Grundproblem bleibt unangetastet: Die Reform denkt in alten Strukturen – nicht in neuen Lösungen. Sie zielt auf Betten, nicht auf Menschen.
Was fehlt, ist ein Gesamtkonzept: Wie soll Versorgung in Zukunft wirklich aussehen? Wer trägt Verantwortung? Wer misst Qualität? Und wo bleibt die regionale Steuerung, die andere Länder längst erfolgreich einsetzen?
Was müsste sich ändern?
In unserem Gespräch bringt er es auf den Punkt: Wir brauchen eine echte Transformation.
- Gesundheitsversorgung muss regional gedacht werden. Was braucht ein Gebiet – aus Patientensicht – wirklich – und was nicht?
- Qualität muss sich endlich lohnen – schlechte Versorgung darf nicht weiterfinanziert werden.
- Strukturen müssen sich den Menschen anpassen, nicht umgekehrt.
- Und ja: Es braucht den Mut, sich auch von Krankenhäusern zu trennen, wenn sie nicht mehr sinnvoll sind.
Andere Länder machen es längst besser – wir könnten von ihnen lernen. Stattdessen verwalten wir einen riesigen Apparat, der immer schwerfälliger wird.
De Meos Warnung: Die Uhr tickt
Wenn sich nichts ändert, steuern wir in den nächsten zwei, drei Jahren auf ein massives Gesundheitschaos zu. Kliniken werden schließen, Versorgungslücken größer – und das Vertrauen in das System? Völlig verloren!
Sein Appell ist klar: Jetzt ist die Zeit für echte Veränderung. Nicht kosmetische Eingriffe. Nicht taktisches Geplänkel. Sondern mutige, systemische Entscheidungen.
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