|

Die Krise der Krankenhäuser: Ein System am Abgrund

Unsere Krankenhäuser kämpfen ums Überleben. Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft beläuft sich das aktuelle Defizit auf 13 Milliarden Euro. Diese Zahl steht für weit mehr als ein leeres Konto – sie steht für einen Teufelskreis. Wie sollen Kliniken ohne Geld modernisieren? Wie sollen sie den steigenden Anforderungen gerecht werden?

Die Krankenhausreform vom 17. Oktober 2024 (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz) wurde als Hoffnungsschimmer verkauft. Doch ein genauer Blick zeigt: Bis die versprochenen Veränderungen greifen, wird es Jahre dauern. Das Bundesgesundheitsministerium beschreibt einen mehrstufigen Plan, der erst 2029 vollständig umgesetzt sein soll:

„Inkrafttreten soll die Reform zum 1. Januar 2025. Bis Ende 2026 können die Länder ihren Kliniken Leistungsgruppen zuweisen. 2027-28 wird das Finanzsystem langsam schrittweise umgestellt. 2029 ist dieser Prozess abgeschlossen.“

Kann ein Krankenhaus, das heute ums Überleben kämpft, so lange warten?

Besonders bitter ist der Transformationsfonds, der mit 50 Milliarden Euro über zehn Jahre die Modernisierung unterstützen soll. Doch ausgerechnet die Krankenhäuser, die das Geld am dringendsten bräuchten, sind ausgeschlossen. Die Vorgabe:

„Mit der zusätzlichen Antragsvoraussetzung werden die Länder verpflichtet, im Rahmen der Antragstellung die finanzielle Situation der beteiligten Krankenhäuser zu prüfen und zu bestätigen, dass für diese Häuser keine Insolvenzgefahr seitens des Landes gesehen wird. Dies kann durch einschlägige Testate nachgewiesen werden.“

Am 22. November 2024 tagt der Bundesrat. Es bleibt spannend, ob die Bundesländer den Vermittlungsausschuss anrufen und das Gesetz stoppen.

Hör in den aktuellen Podcast von HealthCareBrain rein

Brauchen wir weniger Krankenhäuser? Eine unbequeme Wahrheit

Ja, Deutschland braucht weniger Krankenhäuser. Aber statt darauf zu hoffen, dass Insolvenzen zufällig die richtigen treffen, braucht es Mut, klare Entscheidungen zu treffen. Welche Kliniken sind wirklich überflüssig? Welche Standorte können geschlossen oder umstrukturiert werden?

Diese Verantwortung liegt klar bei den Bundesländern, die für die Krankenhausplanung zuständig sind. Doch oft drücken sie sich vor dieser schwierigen Frage. Das Ergebnis: Kliniken, die für die regionale Versorgung essenziell sind, kämpfen um ihre Existenz, während andere ohne Zukunftsperspektive weitermachen. Diese Situation kostet nicht nur Geld, sondern auch wertvolle Ressourcen und Nerven.

Personalnotstand und Bürokratie: Der Druck wächst

Als wäre das nicht genug, stehen unsere Kliniken unter einem immer größeren Druck: steigende Gehälter, höhere Kosten durch Inflation und verschärfte Vorgaben zur Personalbesetzung – und das alles in Zeiten des Fachkräftemangels.

Neue Regelungen wie die Personaluntergrenzenverordnung, Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses oder PPR 2.0 sind gut gemeint, aber ihre Umsetzung scheitert oft an der Realität. Woher soll das Personal in Zeiten des Fachkräftemangels kommen? Die Konsequenz: Betten werden gesperrt, Wartezeiten verlängern sich, Patienten müssen abgewiesen werden.

Eine Schlagzeile macht die paradoxe Situation deutlich: „Helios Kliniken entlassen Service-Mitarbeiter.“ Warum? Weil eine Refinanzierung nach aktueller Gesetzeslage nur gegeben ist, wenn sich die Mitarbeiter als Krankenpflegehelfer qualifizieren. Helios erklärt dazu:

„Die Ausbildung dauert eineinhalb Jahre. Dieses Angebot nehmen aber nicht alle an, etwa aus Altersgründen.“


Verbessern Verbesserungsgesetze wirklich etwas?

Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) – klingen diese Gesetze nicht vielversprechend? Positiv ist dass erkannt wird, dass es ein Problem gibt. Gute Absichten allein reichen nicht. Wenn Gesetze praxisfern sind, schaffen sie nur noch mehr Bürokratie und Widersprüche.

Was wir wirklich brauchen, sind keine weiteren Gesetzespakete mit langen Namen und endlosen Vorgaben. Was wir brauchen, ist ein echter Wandel. Gesetze, die Innovation ermöglichen. Gesetze, die dafür sorgen, dass Ärzte und Pflegekräfte weniger Zeit mit Bürokratie verbringen und mehr Zeit für ihre Patienten haben.


Was muss passieren?

  1. Weniger Bürokratie, mehr Vertrauen: Die Menschen, die in unseren Krankenhäusern arbeiten, verdienen Vertrauen. Statt immer neuer Vorschriften brauchen wir eine Kultur, die auf Ergebnisqualität setzt und den Fachkräften Gestaltungsfreiräume gibt.
  2. Regionale Lösungen statt starrer Vorgaben: Jede Region hat ihre eigenen Bedürfnisse. Die Versorgung vor Ort muss gemeinsam geplant werden – von Ländern, Rettungsdiensten, Krankenhäusern, Ärzten, Pflegekräften, Kommunen etc. Nur so entstehen Lösungen, die den Bedürfnissen der Region gerecht werden.
  3. Moderne IT-Infrastruktur: Digitalisierung ist kein Luxus, sondern die Grundlage für ein effizientes Gesundheitswesen. Mit moderner Technik können Kosten gesenkt und die Versorgung verbessert werden. Dafür müssen die Länder ihrer Verantwortung für die Investitionsfinanzierung endlich gerecht werden.
  4. Sektorengrenzen abschaffen: Die nahtlose Betreuung des Patienten muss das Ziel sein. Ambulante und stationäre Versorgung dürfen keine Gegensätze mehr sein.
  5. Gesetze von Praktikern für Praktiker: Gesetze müssen die Situation vor Ort verbessern und nicht noch mehr Bürokratie und Widersprüche schaffen.

Fazit: Handeln statt verwalten

Dieser Wandel beginnt mit einer zentralen Frage: Wem vertrauen wir die Zukunft unseres Gesundheitswesens an? Den Menschen, die Tag für Tag in der Praxis arbeiten, oder den Vorgaben aus der Theorie?

Die Antwort liegt -aus meiner Sicht – auf der Hand. Doch um den Wandel zu schaffen, müssen wir alle – Politik, Management, Gesellschaft und die Menschen im Gesundheitswesen – mutig sein. Mut, die alten Muster zu durchbrechen und eine Gesundheitsversorgung zu schaffen, die zukunftsfähig ist.

Was denkst du über die aktuelle Lage? Was sind deine Erfahrungen? Lass uns darüber sprechen. Gemeinsam können wir die Zukunft des Gesundheitswesens gestalten.

Lust auf mehr ? Dank höre unseren aktuellen Podcast.

HealthCareBrain Lennart Eltzholtz Sylvia Reingardt

HealthCareBrain | Podcast on Spotify

HealthCareBrain Podcast – Apple Podcasts

Quellen:

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert