Ein Rückblick auf 2023: Trends im Gesundheitswesen? Was erwartet uns 2024?
Telemedizin und digitale Gesundheit
Technisch ist fast nichts mehr unmöglich: Virtuelle Arztbesuche, Ferndiagnosen anhand von Vitalparametern oder Operationen per Roboter aus der Ferne. Wearables erfassen kontinuierlich Vitalparameter wie Herzfrequenz, Blutdruck oder Blutzuckerspiegel. Die Nutzung aller Möglichkeiten steckt noch in den Kinderschuhen. Eine bessere Nutzung hat ein enormes Potenzial zur Entlastung des Personals und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung.
2024: Die Kunst besteht nun darin, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die Versorgung der Bevölkerung zu verbessern. Beispiele sind: Verbesserung der Versorgung in ländlichen Regionen, Lenkung von Patientenströmen (z.B. Entlastung der Notaufnahmen, Triage).
Prof. Dr. Jochen A. Werner und Prof. Dr. David Matusiewicz geben in ihrem Buch „Der smarte Patient: Digitalisierung macht dich gesund.“ wertvolle Einblicke in die Möglichkeiten
Hier ein Überblick was sich in der Telemedizin 2024 alles ändert (2) Telemedizin 2024 | LinkedIn
Neue Trends bei Wearables(2) The Marriage of Fashion and Technology: Wearables Beyond Fitness Trackers | LinkedIn
Und ein Blick auf die Marktentwicklung: (2) Global Wearable Adhesives Market [2024-2032] | Current Status and Future Prospects | LinkedIn
Gesundheitsbewusstsein vs. Fehlende Gesundheitskompetenz oder „mir steht alles zu-Mentalität“
Einerseits erobern Wearables und mobile Gesundheits-Apps den Markt und die Menschen überwachen ihre Gesundheit mit mobilen Apps. Auf der anderen Seite leiden zunehmend mehr Erwachsene und Kinder an Adipositas. Chronische Erkrankungen nehmen zu: 40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland haben eine oder mehrere chronische Erkrankungen und 30 Prozent leben 20 Jahre oder länger mit ihrer Erkrankung (Quelle: https://stiftung-gesundheitswissen.de/). Die Leistungen des Gesundheitssystems werden unreflektiert in Anspruch genommen und führen zu überfüllten Praxen und Notaufnahmen. (mehr dazu hier)
2024: Die Kunst liegt darin die Gesundheitskompetenz zu stärken, den Fokus auf Prävention zu legen und intelligente Lösungen zu finden, um Notaufnahmen und Krankenhäuser zu entlasten.
Healthy Longevity statt Fokus auf Krankheiten
Das Gesundheitswesen konzentriert sich derzeit nicht auf die Gesundheit sondern auf Krankheit. Weltweit gibt es immer mehr Ansätze das Thema Healthy Longevity in den Fokus zu rücken. In Anbetracht einer immer älter werdenden Bevölkerung gibt es aus meiner Sicht gar keine andere Wahl als sich systematisch mit dem Thema zu beschäftigen, denn alles andere ist nicht mehr finanzierbar. Wissenschaftlich wird das Thema unter anderem hier bewegt: Healthy Longevity Medical Center – USZ oder das Sheba’s New Healthy Longevity Center.
Interessante Beiträge zum Thema:
(3) International Gains to Achieving Healthy Longevity | LinkedIn
(3) Looking for gold standards for longevity clinics | LinkedIn
THE HEALTH CAPTAINS INSTITUTE , Dr. med. Dipl. Ing. Roxana Mittler-Matica
Worin wird aktuell investiert? Venture Capital Giants In The Billion-Dollar Quest For Longevity Breakthroughs (forbes.com)
Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen
KI erobert alle Lebensbereiche, auch das Gesundheitswesen. Im Jahr 2023 wird der weltweite Umsatz 14,6 Milliarden Dollar betragen. Prognosen gehen davon aus, dass der Umsatz bis 2028 auf 103 Milliarden Dollar ansteigen wird (Quelle: https://de.statista.com/). Die Anwendungsfelder für KI sind vielfältig und es entstehen zahlreiche Startups im Gesundheitswesen. Einige Beispiele: Analyse von Bilddaten (Röntgenbilder, CT- oder MRT-Scans), Entscheidungsunterstützung, Entwicklung individueller Behandlungspläne, Vorhersagemodelle für Krankheiten, Entwicklung von Medikamenten und Erkennung von Krankheiten.
Fragen für 2024: Wer hat das Recht an der Entwicklung von KI? Kann KI gerecht sein? Woher kommen die Daten?
Bart De Witte hat hierzu einen interessanten Artikel veröffentlicht: https://www.linkedin.com/posts/bartdewitte_macht-ki-die-medizin-ungerechter-activity-7092814231112175617-IhW7?utm_source=share&utm_medium=member_desktop
Robotik
Robotik kann zur Erleichterung im Arbeitsalltag sowohl in der Chirurgie wie aber auch in der Pflege eingesetzt werden. KI wiederum kann helfen z. B. in der Robotik-assistierte Chirurgie, um präzise und sichere Eingriffe durchzuführen. Hier ein paar Eindrücke was alles möglich ist:
(3) Healthcare und Industrieautomatisierung: Trends von der Fachmesse Automatica | LinkedIn
Und einen Einblick in einen Praxisversuch: Medizinische Fakultät/Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R. – Hightech für gesunde Pflege (uni-magdeburg.de)
Aus meiner Sicht eine zentrale Frage für 2024: Wie kann der Zugang zu innovativen Technologien gerecht gestaltet werden?
Digital Twins
Digital Twins sind in der Industrie üblich und haben in der Anwendung im Krankenhaus ein unglaubliches Potential. Sie ermöglichen zum Beispiel die Simulation der kompletten Prozesse, von Bauten aber auch von Auswirkungen von Medikamenten oder chirurgischen Eingriffen auf den Patienten.
In Norwegen werden so Krankenhäuser gebaut:
Genomik und personalisierte Medizin
Die Fortschritte in der Genomik und sinkende Kosten für die Genomsequenzierung ermöglichen es Ärzten, Krankheiten besser zu verstehen und individuelle Behandlungspläne zu entwickeln und Krankheitsgene zu korrigieren und zu modifizieren. Immer mehr Biomarker werden identifiziert, die auf bestimmte Krankheiten oder Reaktionen auf Medikamente hinweisen.
Wer mehr über die Medizin der Zukunft erfahren will, sollte unbedingt Bertalan Meskó, MD, PhD folgen.
Gesundheitspolitik und Reformen
Über dieses Thema habe ich im Jahr 2023 schon viel zu oft geschrieben. Krankenhausinsolvenzen sind an der Tagesordnung. Wohl noch nie haben so viele Berufsgruppen und Sektoren (Krankenhäuser, Apotheker und niedergelassene Ärzte) gemeinsam gegen einen Minister demonstriert. Einige Gesetze wurden auf den Weg gebracht. Die großen Fragen sind noch offen. Man darf gespannt sein, wie es 2024 weitergeht. Ich wünsche mir jedenfalls, dass gemeinsam mit den Betroffenen Lösungen zum Wohle der Bevölkerung gefunden werden. Historisch ist der Moment, in dem sich alle einig sind, dass Reformen notwendig sind. Nur über das Wie herrscht Uneinigkeit. In der Praxis macht sich Frust und Unsicherheit breit. Also 2024 muss das Jahr der guten Entscheidungen werden.
Hier meine Überlegungen, was passieren müsste: https://www.linkedin.com/posts/kerstinstachel_was-gesundheitspolitik-activity-7125476423955279872-2-tP?utm_source=share&utm_medium=member_desktop
Daten: Standards, Sicherheit, Verfügbarkeit
Voraussetzung für fast alles ist die Verfügbarkeit von Daten und die Nutzung von Datenstandards. Hier ist einiges vorangegangen! Das Datennutzungsgesetz, das Digitalgesetz und es gibt ein neues Konzept für die ePa https://www.linkedin.com/posts/mlangguth_epa-betterabremp-activity-7142117007067447296-Ej0b?utm_source=share&utm_medium=member_desktop
2024 werden uns folgende Fragen beschäftigen:
- Wie wird die Datensicherheit gewährleistet?
- Wem gehören die Daten?
- Wie gelingt es endlich Datenstandards durchzusetzen? Hier geht es zu aktuellen Überlegungen: https://www.linkedin.com/posts/jan-de-lange-83314822_breaking-down-the-data-silos-ev-ey-activity-7142096688848015360-vu1g?utm_source=share&utm_medium=member_desktop Jan de Lange
Und hoffentlich wird 2024 das Jahr der Patientenorientierung und des Personalmanagements
Traditionell orientiert sich das Gesundheitswesen an den Bedürfnissen der Sektoren und der Berufsgruppen. Die Patientenbedürfnisse stehen hinten an. Inga Bergen sieht 2024 als das Jahr der Patient Journey.
Fachkräftemangel prägt das Gesundheitswesen. Es wird endlich Zeit für ein professionelles Personalmanagement. Viele Überlegungen hierzu findest Du in meinem Blog,
Felix Hoffmann spricht von Purpose Economy. Es wäre wunderbar, wenn Inga Bergen und Felix Hoffmann Recht behalten.
Last but not least: Klar ist das Gesundheitswesen ebenso wie alle Organisationen brauchen eine tiefgreifende Transformation. Change alleine reicht nicht aus.
Welche Trends siehst Du für 2024?